Museum "Altes Rathaus"

    Das Gebäude

    Das Schmuckstück und Wahrzeichen des Dorfes Iggelheim ist zweifelsohne das alte Rathaus. Erbaut wurde es, wie die eingemeißelte Jahreszahl auf dem rechten Pfeiler des ersten Bogenfensters auf der Südseite belegt, Anno 1569 - zu einer Zeit, als sich das Dorf noch "Ygelheim" schrieb und ungefähr 300 Einwohner zählte.
    Der damalige Schultheiß des Ortes könnte der im reformierten Kirchenbuch von 1572 genannte Hans Baltz gewesen sein.

    Errichtet wurde das, ohne die Treppe 9,60 m lange und 7,28 m breite Gebäude als Eckhaus an der Stelle, wo sich die damalige Böhl- und Buschgasse mit dem Oberdorf und Unterdorf kreuzen. Das Erdgeschoß des Renaissancebaues ist eine Laubenhalle mit einem Bogentor an der Südseite und je zwei Bogenfenstern an der Süd- und Ostseite, sowie einem Bogenfenster und drei rechteckigen Fenstern an der Nordseite.
    In dieser Laubenhalle sollen in der damaligen Zeit die öffentlichen Gerichtssitzungen abgehalten worden sein. Ebenerdig liegt die Betzenkammer, das ehemalige Ortsgefängnis, das sich unter der Treppe befindet und durch eine separate Tür betreten werden kann.
    Über die achtzehnstufige, 1,40 m breite, überdachte Sandsteintreppe gelangt man in das Obergeschoß. Dies ist im Gegensatz zum Erdgeschoß, im Fachwerkstil errichtet. Das Glockentürmchen dürfte möglicherweise schon in seiner Erbauungszeit das Gebäude geziert haben. Eine dendrochronologische Untersuchung im Jahre 1996 ergab, dass das Haus während seines Bestehens keine größeren Schäden erlitten haben kann.

    Im Jahre 1681 soll die Laubenhalle der katholischen Bevölkerung in Iggelheim zur Abhaltung ihres Gottesdienstes zur Verfügung gestanden haben. Auch die Lutheraner hielten dort ihren Gottesdienst ab. Diesem Zustand wurde erst Abhilfe geschaffen, als Kurfürst Carl Philipp 1739 der katholischen Gemeinde die Ruine des zerstörten Jagdschlosses schenkte, um an dieser Stelle ein katholisches Gotteshaus zu errichten, das 1746 fertiggestellt war.

    Wie aus alten Verträgen und Gemeinderechnungen ersichtlich ist, wurden 1750 am Rathaus größere Renovierungsarbeiten vorgenommen. Der damalige Schultheiß Johann Pankratius Mattern scheint diesbezüglich sehr rührig gewesen zu sein, wie aus seinem Diätenzettel hervorgeht:

    Der Vertrag mit dem Glockengießer Paul Strobel in Speyer wurde bereits am 8. Mai 1750 abgeschlossen und besagt, dass die Gemeinde bereit sei, je Pfund Gewicht 36 Kreuzer zu zahlen. Sie wog nach amtlichem Wiegeergebnis 129 ¾ Pfund. Das neue Türmchen für die Glocke errichtete der Haßlocher Zimmermeister Johannes Frick, als ein viereckiges Türmlein mit einer viereckenden Haube oder Kuppel zum Preis von 14 Gulden, wobei die Gemeinde die Mannschaft zum Aufschlagen stellte.
    Etwa vier Wochen nach Neujahr 1794 plünderten französische Voltigeurs und Chasseurs das Dorf, nahmen die Kirchenglocken und vermutlich auch die Rathausglocke mit, denn 1810 musste eine neue angeschafft werden. Sie trägt die Inschrift: „Mich gos Friedrich Brechdel in Speier 1810 Frantz Joseph Becker, Maire, Johann Adam Sieber Einnehmer, Philipp Müller, Grefier, Gemeinte Igelheim – Napoleon“.

    Dass diese Glocke auch heute noch an ihrem Platz hängt, verdankt sie wohl nur mehreren glücklichen Umständen. Im Kriegsjahr 1942 musste die Glocke abgeliefert werden. Man wollte sie einschmelzen. Sie wurde vom Turm geholt, nach Speyer verfrachtet und bei der Uhrenfabrik Porth gelagert. Noch am Tage des Abtransports schrieb der damalige Ortsgruppenleiter der NSDAP, Michael Postel, an den Direktor des Historischen Museums der Pfalz und wies auf den kulturellen Wert der Glocke hin. Man brachte sie daraufhin in das Historische Museum in Speyer, wo sie vor dem Einschmelzen bewahrt blieb. 1945 fand sie wieder ihren Weg zurück in das Türmchen des alten Rathauses.

    Schon im ausgehenden 18. Jahrhundert scheint das Rathaus zweckentfremdet genutzt worden zu sein. Nach der Gemeinderechnung 1780 hatte in der Laubenhalle ein Schmied seine Werkstatt. Es ist bis heute auch noch nicht geklärt, wann man im 19. Jahrhundert begann, die Bogenfenster zuzumauern und auszubrechen, Türen an ihre Stelle zu setzen und das Fachwerk zu verputzen. Im vorderen Teil der Laubenhalle hatte man eine Unterkunft für den Nachtwächter geschaffen, daneben den Leichenwagen deponiert.

    Der hintere Teil diente fortan als Raum für die Feuerspritze. An der Nordwand brachte man einen überdachten Bretterverschlag an, der als Aufbewahrungsort für die Feuerleitern diente. Und schließlich wurde an der östlichen Giebelseite ein Aufzug zum Trocknen der Feuerwehrschläuche installiert.
    Die Verwaltung befand sich nach wie vor im Obergeschoß. Aber für die ständig wachsende Gemeinde wurden die Räumlichkeiten bald zu klein. Die Verwaltung scheint auch des öfteren umgezogen zu sein: Vom alten Rathaus ins protestantische Schulhaus in der Langgasse und wieder zurück, dann 1904 in das nach einem Brand neu errichtete Schulhaus in der Langgasse. Dieser Zustand änderte sich erst 1910, nachdem der als Gemeinderatssaal genutzte Schulsaal für schulische Zwecke geräumt werden mußte. Vom 1. April 1910 an befanden sich Gemeindebüro und Sitzungssaal in der Buschgasse 24.

    Das alte Rathaus hatte die Gemeinde bereits 1904 in ein Wohnhaus umfunktioniert, wo zahlungsschwache Mieter ihre Bleibe fanden. Während des Ersten Weltkrieges logierten dort russische Kriegsgefangene, die im Ort Feldarbeiten verrichten mußten.
    1937 hatte die Gemeinde mit finanzieller Hilfe von Kreis und Land das äußerlich total heruntergekommene Rathaus, das, wie alte Fotos belegen, eher einer Plakatwand glich, grundlegend renoviert. Unter Leitung des Landesbauamtes Speyer setzte man wieder die Bogenfenster ein, legte das Fachwerk frei und brachte zwischen den beiden Fenstern an der Ostseite des Obergeschoßes das Ortswappen an. Den Wohnhauscharakter behielt das Rathaus bis Mai 1957 bei.
    Weitere Änderungen erfuhr das Gebäude in den 50er Jahren. 1957 entstand durch einen Gelegenheitskauf die Möglichkeit, das Sandsteingeländer anbringen zu lassen, das eine als Handlauf dienende Eisenstange ersetzte. Um mehr Licht in das Dachgeschoß zu bekommen, wurden 1959 die Dachgaupen an der nördlichen Dachseite angebracht. Im gleichen Jahr knickte bei einem Sturm die Spitze mit der Wetterfahne auf dem Türmchen ab und hing nur noch wenig befestigt auf die verkehrsreiche Straße herunter. Nach Abnahme der Spitze stellte sich heraus, dass der kugelförmige Teil stark durchlöchert war und ganz offensichtlich Sportschützen als Zielscheibe gedient hatte.
    Die letzte Renovierung erfuhr das Gebäude 2001 als die Gemeinde die gesprungene und herunter zu fallen drohende Decke im Obergeschoß erneuerte. Mit einher ging eine gründliche Überholung das ganzen Gebäudes.

    Bereits 1925 hatte der an der hiesigen Volksschule tätige Lehrer Jakob Baumann, unterstützt vom damaligen geschäftsführenden Beamten der Gemeindeverwaltung, Peter Emmes, eine kleine heimatkundliche Sammlung begonnen, die im alten Rathaus untergebracht war. Da aber nach dem Zweiten Weltkrieg große Wohnungsnot herrschte, vermietete die Gemeinde die Räume, in denen die Gegenstände lagerten. Die Sammlung verbrachte man deshalb 1945 an das Historische Museum in Speyer.

    Am 6. Dezember 1956 gründeten interessierte Bürger den Heimatpflege- und Museumsverein Iggelheim. Zum Vorstand wählte man Karl Henn, Rektor an der hiesigen Volksschule. Ihm ist es zu verdanken, dass die Räumlichkeiten des historischen Rathauses wieder als Museum genutzt werden können.
    Bis Juni 1957 konnte den Mietern andere Wohnungen zugewiesen werden. Nach der Renovierung des Anwesens holte Henn die Museumsstücke in Speyer wieder und sammelte noch viele weitere hinzu, wobei es ihn nicht abhielt auch auf Speichern nach antiken Stücken zu suchen.
    Am 2. November 1957 war es dann so weit, dass das Museum offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Da aber Landrat Dr. Becker-Marx an diesem Tag verhindert war, mußte die Einweihung auf den darauf folgenden Samstag verlegt werden. Dies wurde zugleich auch ein Festtag für den Initiator Karl Henn, denn er feierte am 9. November 1957 seinen 59. Geburtstag.
    Nach zehn Jahren hatte es der Verein auf 140 Mitglieder gebracht. 530 Einträge museumswürdiger Gegenstände zählte inzwischen die Bestandsliste.

    Aus gesundheitlichen Gründen trat Henn 1973 als Vorstand zurück. Als Nachfolger wurde Theo Brendel, ein Gründungsmitglied des Vereins, gewählt. Unter ihm erhielt der Verein 1974 seinen jetzigen Namen: Heimatpflege- und Museumsverein Böhl-Iggelheim e.V.
    Durch eifrige Werbung stieg die Zahl der Mitglieder 1991 auf über 300 an. 1999, nach 26 Jahren Vorstandstätigkeit, stellte Theo Brendel aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung. In der Mitgliederversammlung vom 24. März 1999 wurde Eugen Nonnenmacher als Nachfolger gewählt.

    Nun zu den einzelnen Ausstellungsräumen:

    Das Erdgeschoß beherbergt im vorderen Raum die steinernen Zeugnisse der Vergangenheit wie Brunnen und Torsäulen. Hier kann auch die Prangersäule besichtigt werden.
    Im hinteren Raum werden Bodenfunde aus unserer Gemarkung aus verschiedenen Epochen präsentiert
    Im Vorraum des Obergeschoßes werden militärische Gegenstände, darunter die Fahnen der beiden Krieger- und Militärvereine, Ausrüstungsgegenstände des Nachtwächters sowie einige Ofenplatten gezeigt.

    Das Obergeschoß
    Im großen Ausstellungsraum, der einst als Ratssaal diente, sind Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände von Küche und Wohnraum untergebracht. Hier steht auch die Hinterlassenschaft des ehemaligen reformierten Pfarrers Bechtold, nämlich dessen Bücherschrank samt seine Büchern.
    Im Nebenraum des Obergeschoßes wird eine Schlafkammer aus der Zeit um 1900 gezeigt. Außerdem werden Bekleidungsstücke (z.B. Hüte, Hauben, Handschuhe, bestickte Hosenträger, Schuhe, Taschen, Körbchen) und Wäsche zur Schau gestellt.

    Der Ausstellungsraum im Dachgeschoß hat seinen besonderen Reiz durch die dort noch in Betrieb befindliche Rathausuhr. „ES WURDE DIESES WERK VERRICHTET VON JOHANN PAUL KÖRBER IN DÜRKHEIM ANNO 1775“, hat der Hersteller in den Rahmen eingehämmert.
    Sie ist eine Pendelturmuhr in handgeschmiedetem Eisengestell. Das Pendel besitzt eine regulierbare Bleilinse und als Schlegel dient ein Kupferschlaghammer. 1,40 m misst das Zifferblatt im Durchmesser. Die beiden handgeschmiedeten Zeiger sind mit Blattgold vergoldet. Vor dieser Uhr muss es aber schon eine andere gegeben haben, denn man benötigte bereits 1617 „Baumöhl zur Uhr“, wie aus der ältesten Gemeinderechnung des gleichen Jahres zu ersehen ist. Die bestätigt auch die Ausgabe von 1 Gulden 30 Kreuzern, welcher Betrag an ein Schlosser des hier 23 Wochen lang einquartierten elsässischen Regiments im Jahre 1735 für das „Ausbrennen“ der Uhr erhielt.
    Die Uhr muss täglich aufgezogen werden. Als Laufgewicht dienen zwei große Sandsteine.
    Das Aufziehen war früher den Schulmeistern übertragen, die damit ihre Einkünfte aufbessern konnten. Peter Gärtner entlohnte die Gemeinde im Jahre 1869 mit fünfzehn Gulden jährlich.

    Im Dachgeschoß ist auch die Färbereieinrichtung der einzigen Färberei am Ort (1835-1907) aufgenommen, von der noch 435 Model und sonstige Werkzeuge sowie zwei Musterbücher vorhanden sind. Unter den Ausstellungsstücken befinden sich neben dem Original-Lehr-Kontrakt auch ein Rezept-Buch mit handschriftlichen Aufzeichnungen über die jeweiligen Farbzusammenstellungen für Stoffdrucke.
    Außerdem beherbergt es einen Webstuhl, Hanfbreche, Spinnräder und Geräte für die Flachsbearbeitung.

    Text: Reinhold Schneider

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